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Keratokonus - unsere tägliche Herausforderung

Patienten, die mit der Erstdiagnose Keratokonus zu uns kommen, aber auch langjährige Kunden, die schon seit vielen Jahren mit dieser Diagnose leben, machen einen großen Teil unserer täglichen Kunden aus. Keratokonus - diese Erkrankung, die das Tragen von formstabilen Kontaktlinsen wie kaum eine andere erforderlich macht, beschäftigt uns bei MÜLLER WELT schon seit den Anfängen vor weit über 50 Jahren. Und doch ist im Laufe dieser Jahre, insbesondere in den letzten 10 Jahren sehr viel passiert in der Versorgung dieser besonderen Hornhäute. Darauf wollen wir in diesen MWnews einmal zurückschauen und gleichzeitig Einblicke geben, in unseren täglichen Alltag und in neue Erkenntnisse, die wir dort zuletzt gewonnen haben.

Zu vermuten ist, das neben hohen Dioptrienzahlen auch Erkrankungen wie Keratokonus, die zu einer irregulären Hornhaut-Oberfläche führen, zur Erfindung der Kontaktlinse beigetragen haben. Die überraschende Erkenntnis, dass das Überbrücken der Hornhaut durch eine feste Linse zu einer deutlichen Sehverbesserung führen kann, hat diese Entwicklungen vor 100 Jahren sicher mit beeinflusst. Und auch wir erleben tagtäglich wie überraschend und auch besonders diese Erfahrung für betroffene Patienten ist. Ein Patient, der mit dieser Diagnose bei uns zum ersten Mal eine formstabile Kontaktlinse aufgesetzt bekommt, staunt normalerweise extrem darüber, wie viel besser er mit der Kontaktlinse sehen kann. Selbst dann, wenn wir das Korrektionsprinzip vorher ausführlich erklärt haben. Erleben ist dann doch nochmal ganz anders als nur verstehen.

Und auch wenn dieses Erlebnis für den Patienten sicher vor einigen Jahren schon genauso erlebbar war, so hat sich in der eigentlichen Anpassung insbesondere in den letzten Jahren sehr viel verändert. Zum Einen gibt es heute eine viel höhere Vielfalt an zur Verfügung stehenden Rückflächengeometrien (z.B. quadrantenspezifisch, mit dezentrierter Optik etc.) Zum Anderen stehen auch andere Materialien zur Verfügung, die die bereits durch den Keratokonus gestresste Hornhaut viel besser versorgen. Zusätzlich ist nach der Entwicklung verschiedener operativer Eingriffsmöglichkeiten wie Crosslinking, CISIS etc. die Ausgangslage des Patienten vor der Anpassung immer unterschiedlicher geworden. Sodass sich auch unsere Anpass-Philosophie mit der Zeit verändert hat.

Während die Keratokonus Anpassung vor Jahrzehnten davon geprägt war, den Keratokonus möglichst "plattzudrücken", um die Sehleistung zu verbessern, hat sich mit den Jahren eine deutlich Hornhaut-schonendere Anpass-Philosophie entwickelt, die den Apex nur noch minimal belastet und die gesamte Hornhautoberfläche gut unterspült. Trotzdem wird auch heute noch von vielen Anpassern eine sehr kleine Keratokonuslinse gewählt, aus der Tradition heraus, dass früher sehr steile Radien nur in sehr kleinen Durchmessern umgesetzt werden konnten und auch die verfügbaren Materialien viel undurchlässiger für Sauerstoff waren.

Diese sehr kleinen Durchmesser haben für den Patienten jedoch viele Nachteile. Zum Einen bewegt die Linse auf dem Auge sehr stark, ist deutlich spürbarer und kann bei Blinzelbewegungen leichter rausfallen. Somit ist die Eingewöhnung deutlich schwieriger. Zum Anderen ist aus technischer Sicht in einer kleinen Linse auch nur eine kleine optische Zone unterzubringen, sodass häufig der Rand dieser Zone optisch wahrgenommen wird und bei Nacht auch deutlich das Sehen einschränkt. Diese Erfahrungen zusammen mit den neuen Fertigungsmöglichkeiten haben uns schon seit einigen Jahren dazu bewogen einen anderen Weg zu gehen.

Da wir in der Anpassung immer mit Messlinsen arbeiten haben wir mit unterschiedlichen Herstellern schon vor Jahren begonnen, neue Geometrien zu entwickeln, die die Korrektur des Keratokonus auch mit Kontaktlinsen mit größeren Gesamtdurchmessern möglich macht. Hierzu war es erforderlich eine Abflachung im Randbereich zu entwickeln, die die Keratokonus-Hornhaut in ihrer speziellen Form insbesondere am Rand gut auffängt, nicht zu stark belastet, trotzdem gut unterspült und die Zentrierung unterstützt. Das war keine leichte Aufgabe, mittlerweile stehen uns aber von mehreren Herstellern Kontaktlinsen zur Verfügung, die dies möglich machen und wir erleben in unserer täglichen Arbeit, dass die Linsen bei Keratokonus zu leichteren und kürzeren Eingewöhnungsphasen führen, dass das Sehen insgesamt stabiler und auch bei Dunkelheit besser ist, und dass die Hornhaut der Träger trotzdem reizfrei und gut versorgt bleibt.

Auch im Bezug auf die immer wieder sehr unterschiedlichen Ausprägungen, die der Keratokonus mit sich bringt, sowie den Zustand nach unterschiedlichen Eingriffen, haben sich die größeren Durchmesser bewährt. Wir überbrücken mit diesen Linsen eine deutlich größere Fläche und können somit insbesondere Narben oder empfindliches Gewebe wie zum Beispiel bei Z.n. Keratoplastik oder nach einer CISIS Implantation besser versorgen.

Das heißt natürlich nicht, dass bei uns nicht auch kleinere Durchmesser weiterhin ihre Anwendung finden, aber die Anzahl der ganz kleinen Linsen ist deutlich zurückgegangen. Jedes Auge erhält bei uns die individuell beste Versorgung in Bezug auf physiologische Verträglichkeit, Sehen und Tragekomfort, sodass alle Linsengeometrien bei uns zur Anwendung kommen, aber eine deutliche Entwicklung hin zur größeren Linse ist deutlich spürbar. Wobei wir hier das Sklerallinsen-Thema, über das wir ja auch bereits im Rahmen der MWnews berichtet haben, noch ausklammern wollen.

Zu den anderen "neueren" Rückflächengeometrien wie quadrantenspezifische und dezentrierte Varianten, können wir aus den Erfahrungen der letzten Jahre sagen, dass wir anfangs sehr euphorisch waren, was die Versorgungsmöglichkeiten anging. Ein bisschen ernüchtert wurden wir aber trotzdem. Viele dieser Linsen erzeugen beim Anwender ein sehr schönes und entlastetes Fluobild insbesondere bei ausgeprägten und tiefsitzenden Koni, aber sie bringen gleichzeitig auch eine deutlich kleinere Optik mit sich, sodass es in der Umstellung von rotationssymmetrischen Linsen nicht selten zu Einbußen in der Sehleistung kommt. Zusätzlich brauchen solche speziellen Rückflächengeometrien immer eine Stabilisierung in Form eines Prismas. Das macht die Linse nicht selten spürbarer, führt aufgrund der fehlenden Rotation zu Ablagerungen und gerne auch bei trockeneren Augen zu 3.00-9.00Uhr Stippen. Einige dieser Patienten wurden mittlerweile dann eher mit Sklerallinsen versorgt, die die komplette Hornhaut noch stärker entlasten und eher wieder für ein komfortables Sehen sorgen. Allerdings natürlich dann hier mit den Nachteilen der sehr großen Linse, mit den zum Teil eingeschränkten Tragezeiten, um die Sauerstoffversorgung nicht zu stark zu vermindern.

Unser Fazit muss sein, dass wir über jede Entwicklung in der Versorgung der Keratokoni glücklich sind, die uns neue Möglichkeiten insbesondere in der Versorgung komplizierter Fälle erlaubt. Wir sind dankbar, dass wir aufgrund der Vielzahl an Kunden mit dieser Diagnose auch immer ganz nah an den Herstellern sind und oft die Entwicklung neuer Ideen begleiten dürfen. Im Sinne der Patienten sind wir so in der Lage, die bestmögliche Lösung die am Markt erhältlich ist, zu finden, völlig unabhängig davon vom wem und wo auf der Welt sie hergestellt wird. Das macht uns zu Ihrem Partner in der Versorgung dieser Patienten, dem Sie vertrauen dürfen. Wir freuen uns sehr über dieses Vertrauen und sind jederzeit offen, falls es für Sie zu Fragen oder Anregungen kommt.

Lesen Sie in den nächsten MWnews etwas zu einem weiteren absoluten Spezialgebiet: Die Anpassung von Iris-Kontaktlinsen. Wir stellen hier einmal den Weg eines Patienten vor, der mit Hilfe von Iris-Kontaktlinsen wieder deutlich an Lebensqualität gewinnen konnte und berichten über die Herausforderungen bei der Anpassung.

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