Myopie Management

Lösungen für fortschreitende Kurzsichtigkeit

Myopie Management ist der aktuelle Begriff für alle Maßnahmen, die getroffen werden, um das Fortschreiten einer Kurzsichtigkeit (Myopie) zu bremsen bzw. zu stoppen. Weltweit wird eine Zunahme der Myopien besonders im Kindes- und Jugendalter beobachtet. Insbesondere in Asien betrifft das in Großstädten bereits über 90% der Kinder und Jugendlichen. Dabei ist Kurzsichtigkeit keine Erkrankung, sondern lediglich eine „normale“ Fehlsichtigkeit, die mit einer Brille oder Kontaktlinsen leicht korrigiert werden kann. Allerdings liegt bei der Kurzsichtigkeit ein zu lang gewachsenes Auge vor, bei dem die Gewebe innerhalb des Augapfels stärker gedehnt und somit empfindlicher werden. Das bedeutet, dass bei einer fortschreitenden Kurzsichtigkeit im Kindes- und Jugendalter die Risiken für spätere Erkrankungen am Auge extrem ansteigen. Dabei ist eine Kurzsichtigkeit von 1-3dpt noch relativ harmlos. Steigen die Stärken aber deutlich an, wächst das Risiko für Erkrankungen exponentiell. Aus diesem Grund wird bereits seit einigen Jahren intensiv geforscht, welche Maßnahmen das Wachstum des Auges insbesondere im Kindes- und Jugendalter bremsen können.

Risikofaktoren für das Entstehen einer Myopie

  • Genetische Komponente: sind die Eltern bereits kurzsichtig?
  • Sehaufgaben in der extremen Nähe (Smartphone Nutzung etc.)
  • Nur wenig Aufenthalt im Freien
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Vorbeugen ist besser als Heilen

Da die Risikofaktoren für die Entstehung einer Myopie bekannt sind, sollten insbesondere Eltern, die selbst kurzsichtig sind, darauf achten, regelmäßig die Augen ihrer Kinder kontrollieren zu lassen. Solange noch keine Myopie entstanden ist wird empfohlen, dass Kinder sich möglichst viel draußen im Tageslicht aufhalten und die Sehaufgaben in der Nähe am Tag nicht überwiegen (Schule, Hausaufgaben, Smartphone etc.). Ist bereits eine Myopie entstanden, sind diese Maßnahmen immer noch hilfreich, reichen aber nicht mehr aus, um ein Fortschreiten der Kurzsichtigkeit zu stoppen.

Die Möglichkeiten

Im Rahmen des Myopie Managements werden nach aktuellem Kenntnisstand zwei Wege verfolgt: Eine medikamentöse Therapie mit Atropin und ein optischer Ansatz durch Orthokeratologie oder multifokale Kontaktlinsen.

Atropin

Die genaue Wirkungsweise von Atropin an der Netzhaut ist noch nicht komplett erforscht. Studien haben ergeben, dass niedrig dosiertes Atropin als Augentropfen täglich angewendet zu einer deutlichen Verlangsamung des Augenwachstums führen. Die Dosierung wird aktuell noch angepasst, da die Ursprungsdosierung mit 0,01 % offenbar noch nicht immer die erwünschte Wirkung gezeigt hat. Aktuell geht man von einer besseren Wirkung bei einer Dosierung von 0,05 % aus. Diese Augentropfen sind in Deutschland noch nicht zugelassen, werden aber trotzdem bereits häufig angewendet. Mögliche Nebenwirkungen sind leichte Blendempfindlichkeit und etwas unscharfes Sehen in der Nähe. Die Kinder sollten weiterhin immer ihre aktuelle Brille tragen und engmaschig kontrolliert werden. Die Tropfen werden in einigen Apotheken speziell angemischt und müssen privat bezahlt werden. Die Verlangsamung des Fortschreitens der Kurzsichtigkeit wird mit bis zu 40 % angegeben.*

Der optische Ansatz

Das Wachstum des Auges wird über die verwendete Optik bei der Korrektur der Kurzsichtigkeit gesteuert. Die Netzhautzellen, die sich außerhalb des Zentrums der Netzhaut (mit dem wir Dinge fixieren) befinden, senden Impulse für das weitere Wachstum aus. Einfach gesagt: Entsteht in der Peripherie der Netzhaut ein scharfes Bild HINTER der Netzhaut (wie automatisch bei der einfachen Brille oder einfachen Kontaktlinsen), wächst die hintere Wand des Augapfels zum scharfen Bild hin, somit löst diese Abbildung ein weiteres Wachstum aus. Gelingt es über eine spezielle Optik in der Peripherie ein scharfes Bild VOR der Netzhaut zu platzieren, dann gibt es keinen Wachstumsimpuls und die Kurzsichtigkeit schreitet nicht voran.

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Orthokeratologie

Beim Verfahren der Orthokeratologie wird mit Hilfe von speziellen formstabilen Kontaktlinsen über Nacht die Oberfläche der Hornhaut so verändert, dass am nächsten Tag keine Sehhilfe getragen werden muss. Dieses Verfahren gibt es in Deutschland seit 20 Jahren und eher zufällig wurde herausgefunden, dass mit diesen Kontaktlinsen das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit ebenfalls gebremst werden kann. Aufgrund der speziellen Optik, die diese Kontaktlinsen auf der Hornhaut kreiert, wird der Wachstumsimpuls der peripheren Netzhautzellen wie zuvor beschrieben ausgeschaltet. Bereits seit fast 15 Jahren wenden wir bei MÜLLER WELT dieses Verfahren im Rahmen des Myopie Managements erfolgreich bei Kindern und Jugendlichen an.

Was ist zu beachten?

Um orthokeratologische Kontaktlinsen sicher anwenden zu können, sollte das Auge insgesamt gesund sein, auch Allgemeinerkrankungen wie Diabetes und Rheuma sprechen gegen dieses Verfahren. Die besten Voraussetzungen haben Kinder und Jugendliche mit einer mittleren Kurzsichtigkeit bis maximal 6 dpt und nur einer geringen Hornhautverkrümmung. Ob das Verfahren bei Ihrem Kind geeignet ist, kann bei einem unverbindlichen Beratungstermin ermittelt werden. Diese Linsen sollten dann jede Nacht während des Schlafens getragen werden. Am nächsten Tag kann Ihr Kind dann den ganzen Tag ohne Sehhilfe sehen und ganz nebenbei wird die Kurzsichtigkeit ausgebremst. Werden alle Hygieneregeln befolgt, sind keine Nebenwirkungen bekannt und das Verfahren ist sehr sicher. Die Wirksamkeit liegt auch hier nach verschiedenen Studien bei bis zu 60 %.* Sollte Ihr Kind mit dem Sehergebnis nicht zufrieden sein, oder man aus anderen Gründen dieses Verfahren beenden wollen, so ist der Prozess vollständig reversibel und die Hornhaut kehrt zu ihrer Ursprungsform zurück.

Spezielle multifokale Kontaktlinsen

Eine weitere optische Möglichkeit im Rahmen des Myopie Managements ergibt sich durch spezielle multifokale Kontaktlinsen, die tagsüber angewendet werden. Auch bei diesen Linsen wird eine besondere Optik verwendet, die auf der Netzhaut den angestrebten Effekt erreichen soll. Hier werden oft auch weiche Kontaktlinsen angeboten, an die man sich relativ schnell gewöhnen kann, die aber bei benötigter täglicher Anwendung die Sauerstoffzufuhr der Hornhaut beeinträchtigen können. Zudem bemerken einige Kinder aufgrund der speziellen Optik der Kontaktlinse mit aufgesetzter Linse manchmal leichte Unschärfen in der Ferne und störende Streulichter bei Gegenlicht. Aus diesen Gründen eignen sich diese Linsen unserer Meinung nach eher für Kinder, für die die Orthokeratologie nicht geeignet ist. Die Wirksamkeit bei diesen Linsen wird in Studien etwas geringer angegeben als bei Atropin und Orthokeratologie, ist aber nachweisbar. Leider beteiligen sich die gesetzlichen Krankenkassen bisher auch nicht an optischen Lösungen zum Myopie Management, wir hoffen aber, dass sich dies in den nächsten Jahren ändern wird.

Brillengläser

Mit herkömmlichen Brillengläsern konnte man bisher den benötigten optischen Effekt auf der Netzhaut nicht erreichen. Noch relativ neu sind in Deutschland gerade die sogenannten DIMS-Gläser auf den Markt gekommen, die ebenfalls für das Myopie Management zugelassen sind und laut erster Studien aus Asien auch wirksam sein sollen. Diese speziellen Brillengläser haben im Grundglas die eigentliche Brillenstärke eingearbeitet, rund um den Pupillenbereich sind dann viele „Minilinsen“ in das Glas eingearbeitet, die eine andere Stärke beinhalten und so für den angestrebten Effekt auf der Netzhaut sorgen sollen. Von außen sind diese Minilinsen kaum sichtbar, die Kinder bemerken aber wohl beim Tragen dieser Brillengläser optisch leichte Einschränkungen insbesondere bei Blick- und Kopfbewegungen. Die Erfahrungen in Deutschland sind dabei gerade in den Kinderschuhen, in Asien wird das Glas aber bereits vielfach angewendet.

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DIMS-Glas der Firma Hoya

*Viele Studien, insbesondere zur Wirkungsweise und den Erfolgen der einzelnen Methoden können Sie in dieser Publikation nachlesen: Uebersicht Baertschi Myopie 2019 (pdf)