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Wann ist eine Sklerallinse sinnvoll?

Sklerallinsen erleben in den letzten Jahren einen neuen Boom. Dieser Trend aus Amerika hat auch Deutschland nun erreicht, jedoch sollte man beim Einsatz dieser Linsen auch vorsichtig sein, denn sie haben nicht nur Vorteile.

Sklerallinsen werden heute hornhautüberbrückend angepasst. (Abbildung 1) Das heißt, es kommt zu keinerlei Auflage auf der empfindlichen Hornhaut, die somit vor mechanischen Reizen geschont wird. Die Auflagefläche dieser Linsen befindet sich auf der Bindehaut, in der jedoch ein freier Durchfluss aller Gefäße sichergestellt werden muss.

Sklerallinsen werden vor dem Aufsetzen gefüllt mit einer sterilen unkonservierten Kochsalzlösung, die während der gesamten Tragezeit unter der Kontaktlinse verbleibt. Das heißt, Sklerallinsen bewegen sich nicht auf dem Auge und es findet fast kein Austausch dieser Flüssigkeit statt. Das hat für den Träger sowohl Vor- als auch Nachteile. Zum Einen ergibt sich dadurch die Anwendungsmöglichkeit, bei extrem trockenen Augen für eine kontinuierliche Benetzung der Hornhaut zu sorgen. Zum Anderen gelangen somit aber nur wenige Nährstoffe über den Tränenfilm an die Hornhaut. Da mit längerer Tragezeit die Linse in die Bindehaut eintaucht, sitzt sie relativ fest und unbeweglich. Deshalb muss das Auf- aber besonders auch das Absetzen besonders geübt werden.

Zusammengefasst eignen sich Sklerallinsen aus unserer Erfahrung in erster Linie für:

  • die Überbrückung starker irregulärer Astigmatismen bei z.B. Keratokonus oder Z.n. Keratoplastik, wenn Corneallinsen nicht mehr halten, herausfallen oder permanent mechanisch Irritationen auslösen. (Zum Beispiel in Abbildungen 5-7)
  • extreme Trockenheitszustände am Auge zum Beispiel nach Sjögren-Syndrom oder GvHD, etc. (Zum Beispiel Abbildungen 8+9)

Eine Verordnung ist in diesen Fällen möglich, wenn ein ausreichender Trageversuch mit Corneallinsen gescheitert ist, nach HilfsM-RL §17 (1) 10.

Grundsätzlich erfolgt eine Anpassung von Sklerallinsen bei uns nur nachdem eine Versorgung mit Corneallinsen gescheitert, bzw. nicht sinnvoll ist.

Bei der Beurteilung des Linsensitzes von Sklerallinsen achten wir auf:

  • einen weitgehend zentrischen Linsensitz.
  • eine möglichst gleichmäßige Unterspülung auf der kompletten Cornea, die Flüssigkeitsschicht, sollte ungefähr der halben Hornhautdicke entsprechen, um die Sauerstoffversorgung nicht zu belasten (s. Abbildung 2).
  • einen ungestörten Durchfluss der Bindehautgefäße in allen 4 Meridianen, kein großflächiges Blanching (s. Abbildung 3+4).
  • eine gute Auflage auf der Bindehaut, sodass sich diese nicht unter den Rand der Sklerallinse ziehen kann (s. Bindehaut-Flap, Abbildung 10+11).
  • eine klare Flüssigkeit unter der Linse, auch nach längerer Tragezeit.

In folgenden Fällen sind auch wir noch zurückhaltend bei der Anpassung von Sklerallinsen:

  • immer, wenn auch eine Lösung mit cornealen Kontaktlinsen oder einer Brille möglich ist, da die Sauerstoffversorgung unter der Sklerallinse nicht ideal ist.
  • wenn anzunehmen ist, dass der Träger diese Linsen nicht mit der notwendigen Verantwortung anwendet ( Hygiene-Schwierigkeiten, Über-Nacht-Tragen etc.).
  • wenn es noch liegende Nähte im Bereich der Bindehaut oder des Limbus gibt.
  • bei starken Unregelmäßigkeiten im Bereich der Bindehaut (extreme Pingueculae).
  • bei fortschreitender Neovaskularisation bei chronischer Hypoxie
  • wenn viele Medikamente eingenommen werden müssen, deren Auswirkungen auf Bindehaut und Hornhaut unklar sind.

Uns ist bewusst, dass nicht täglich Patienten mit Sklerallinsen in die Praxis eine Augenarztes kommen. Aus diesem Grund sind wir sehr gerne offen für alle Ihre Fragen zu diesen Themen. Wenden Sich sich gern direkt an unsere Spezialisten unter anpassung@mueller-welt.de

Erfahren Sie in den nächsten MWnews, warum uns die individuelle Anpassung von Kontaktlinsen so wichtig ist und welche Unterschiede es heute zwischen standardisierten Kontaktlinsen und den individuellen Möglichkeiten gibt.

 

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