Kontaktlinsen für Säuglinge und Kleinkinder
Für die meisten Menschen ist die Idee, dass bereits Babys oder kleine Kinder Kontaktlinsen tragen könnten sehr abwegig. Wer sich aber medizinisch mit den Augen unserer Kleinsten auseinandersetzt, für den gibt es unter Umständen mehrere Gründe, die in Einzelfällen bei besonderen medizinischen Indikationen sehr klar für eine Anpassung von Kontaktlinsen bei Babies und Kleinkindern sprechen. Wir bei MÜLLER WELT beschäftigen uns bereits seit vielen Jahren in Zusammenarbeit mit den umliegenden Augenkliniken mit genau diesem Thema und versuchen so, die Sehentwicklung unserer kleinsten Patienten bestmöglich zu fördern.
Die Indikationen für Kontaktlinsen bei Säuglingen und Kleinkindern sind im Prinzip sehr klar definierbar. Immer dann, wenn das Tragen einer Brille nicht möglich oder sinnvoll ist, zum Beispiel aufgrund sehr hoher Dioptrienzahlen oder aufgrund von Irregularitäten zum Beispiel nach Verletzungen. En detail also bei Z.n. congenitaler Cataract, sehr hohen Ametropien oder eben nach Verletzungen des vorderen Augenabschnitts. Für alle anderen Kinder, die sinnvoll mit einer Brille versorgt werden können, bieten wir Kontaktlinsen gar nicht erst an, oder bzw. erst in einem Alter, in dem die Kinder sich selbst für Kontaktlinsen entscheiden und sie auch selbstständig handhaben können.
Eine Versorgung von Babies und Kleinkindern kann nur und muss unbedingt in Zusammenarbeit mit einem betreuenden Augenarzt und einer Sehschule stattfinden. Ideale Bedingungen dafür bieten oftmals die Kliniken, in denen regelmäßige Kontrollen der Sehentwicklung, des Auges und mit uns vor Ort auch der Kontaktlinsenanpassung stattfinden können. Um Ihnen einen kleinen Einblick in die Versorgung eines Babies zu ermöglichen, haben wir einen beispielhaften Ablauf einer solchen Anpassung bei Z.n. congenitaler Cataract hier dargestellt:
Meistens beginnt der Anpassungsprozess mit der Information, durch die Klinik, dass bei einem Säugling ein OP-Termin zur Aphakisierung festgelegt wurde. Wenn möglich ist dann ein Anpass-Spezialist vor der eigentlichen OP zugegen und vermisst bei dem bereits in Narkose liegenden Kind die Hornhautradien und passt mit Hilfe von Messlinsen eine formstabile Kontaktlinse an. Wir wählen bewusst eine formstabile Kontaktlinse, da wir die bestmögliche Sehleistung bei gleichzeitig bester Sauerstoffversorgung des Auges ermöglichen wollen. Die Handhabung für die Eltern ist einfacher und die Eingewöhnung bei Kindern erfolgt sehr schnell. Erst danach folgt die eigentliche OP und im Anschluss daran die Skiaskopie zur Ermittlung der passenden Stärke. Nicht selten müssen hier 20-30dpt korrigiert werden. Die meisten Säuglinge werden, da keine Akkommodation mehr möglich ist, auf die Nähe eingestellt, diese zusätzliche Stärke muss berücksichtigt werden. Am Tag der OP findet auch das erste Gespräch mit den Eltern statt. Diese sind erfahrungsgemäß sehr unsicher und aufgeregt, was die neue Situation und die Thematik Kontaktlinsen angeht Eine ausführliche Information über den Ablauf, die Herausforderungen aber auch die Erfolgschancen sind deshalb neben der Beantwortung aller offenen Fragen besonders wichtig. Sind die Kosten geklärt und die Linsen geliefert, erfolgt möglichst zeitnah der Termin zur Abgabe der Kontaktlinsen mit der Handhabungsschulung, um keine wichtige Zeit für die Entwicklung des Sehens zu versäumen.
Im Rahmen dieses Termins zeigen wir zuerst die Reinigung und Desinfektion der Linsen und konzentrieren uns dann ganz auf die Handhabung. Die Eltern sollten bei diesem Termin am besten zu zweit sein und setzen direkt zum ersten Mal unter Anleitung die Linse selbst auf. Wenn möglich wird auch das Herunternehmen mit dem Sauger am Kind direkt geübt und die Linse anschließend sofort wieder aufgesetzt, damit das Sehen direkt von Beginn an gefördert wird. Erfahrungsgemäß gewöhnen Babies und Kleinkinder sich sehr viel schneller an das Tragen von formstabilen Kontaktlinsen als Erwachsene. Häufig wird nur kurz ein wenig am Auge gerieben und nach wenigen Minuten findet kaum noch eine Irritation statt. Somit können vom ersten Tag an bereits mehrere Stunden Tragezeit realisiert werden. Das Ziel für die Eltern sollte eine "normale" Handhabung sein, das heißt morgens werden die Linsen aufgesetzt und abends wieder heruntergenommen. Ausnahmen zu diesem Vorgehen kann es gerade am Anfang noch geben und machen erfahrungsgemäß keine Schwierigkeiten.
Im weiteren Verlauf finden etwa alle 3 Monate Nachkontrollen im besten Fall zusammen mit der Sehschule statt. Bei diesen Terminen wird immer die Sehentwicklung überprüft soweit altersbedingt möglich, der Sitz und die Verträglichkeit der Kontaktlinse wird per Fluokontrolle überprüft und gegebenenfalls werden Linsen gereinigt oder poliert. Die Stärke wird per Skiaskopie geprüft und da Kinder im ersten Lebensjahr sehr schnell wachsen, zu Beginn auch regelmäßig aktualisiert. Dann sind erneut Kontaktlinsen mit neuer Stärke und manchmal auch neuer Passform notwendig. Erste Erfolge sind leider oft erst deutlich später messbar, wenn das Kind sicher Angaben zur Sehleistung machen kann. Im besten Fall und je nach vorliegender Diagnose kann auf dem betroffenen Auge eine Sehleistung von 0,5-0,8 erreicht werden. Wobei die Prognose für beidseits betroffene Kinder immer besser ist als bei einseitig betroffenen Kindern. Der Erfolg ist natürlich immer auch abhängig von der Amblyopie-Behandlung unter Okklusion des besseren Auges, die durch die Sehschule durchgeführt wird. Sobald die Kinder sicher laufen können, erfolgt die Umstellung der Linsen auf die Ferne und eine zusätzliche Bifokalbrille wird getragen.
Im Verlauf des Kontaktlinsen-Tragens bei Babies und Kleinkindern kommt es gerade für die Familien immer wieder zu Höhen und Tiefen. Beginnend mit den Sorgen und Unsicherheiten zu Beginn wenn das Kind noch sehr klein ist, kann es dann später auch zu Schwierigkeiten mit der Handhabung kommen, wenn Kinder plötzliche keine Lust mehr auf Ihre Kontaktlinse haben, oder sich die Linsen nicht gern aufsetzen lassen möchte, oder aber das Abkleben schlecht akzeptieren. Hier ist immer Fingerspitzengefühl auch beim Anpasser gefragt und man sollte immer versuchen, herauszufinden, ob das Kind tatsächlich keine Lust hat, oder ob vielleicht der Tragekomfort der Linse nachgelassen hat und die Anpassung modifiziert werden muss, auch wenn das Kind vielleicht noch gar nicht deutlich kommunizieren kann. Hierbei müssen oft Kind und Eltern motiviert werden und man überlegt zusammen Strategien, um das Linsen-Tragen in solchen Fällen wieder leichter zu machen. Generell ist beim Umgang mit Kindern und Familien in solchen Situationen neben Fachkenntnis und Erfahrung viel Geduld und Herz gefragt und man sollte gern mit Kindern arbeiten, wenn man sich für eine Tätigkeit in der Anpassung bei Babies und Kleinkindern entscheidet.
Belohnt wird man dann immer wieder zum Einen durch tolle erreichte Sehleistungen, wenn die Kinder größer werden und dankbare Eltern, zum Anderen aber auch durch strahlende Kinder, die gern zur Kontaktlinsen-Sprechstunde kommen und oft Ihr Leben lang weiterhin gerne Kontaktlinsen tragen.
Lesen Sie in den nächsten MWnews etwas zu unseren Fortbildungsmöglichkeiten für Sie im Rahmen der Kontaktlinse. Vielleicht interessieren Sie einige unserer Fach-Themen besonders oder Sie möchten gern sicherer den Kontaktlinsen-Sitz bei Ihren Patienten beurteilen? Dann freuen Sie sich auf unsere nächsten MWnews, in denen wir Ihnen vorstellen, wie wir gern unser Fachwissen mit Ihnen teilen!