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Iris-Kontaktlinsen - ein Fallbeispiel

Geschrieben von Corinna Jonske | 16.12.22 18:41

Menschen, die aufgrund von Verletzungen oder Operationen Ihre Iris komplett oder in großen Teilen verloren haben, oder sogar entstellt sind, leiden oft stark unter den kosmetischen Auswirkungen. Wenn das Auge noch sehen kann, ist zudem oft die extreme Blendempfindlichkeit und ein dadurch deutlich herabgesetzter Visus eine extreme Einschränkung der Lebensqualität. Iris-Kontaktlinsen als kosmetische Lösung oder auch als künstliche neue Blende können dann für den Betroffenen eine deutliche Hilfe sein, nicht nur bezüglich der optischen Vorteile sondern auch für die psychische Situation. Der Weg eines solchen Patienten vom ersten Termin in unserem Institut bis hin zur Nachkontrolle bei erfolgreichem Tragen, soll hier einmal für Sie dargestellt werden. Abschließend nehmen wir noch Stellung zu den aktuellen Herausforderungen im Bereich der Versorgung mit Iris-Kontaktlinsen und geben einen Ausblick auf zukünftige Möglichkeiten.

Unser Patientin kam 2 Jahre nach einem Unfall mit einem Paintball zu uns. Neben der offensichtlichen Verletzungen der Iris (s. Abbildung 1) wurde dabei auch die Augenlinse und die Netzhaut in Mitleidenschaft gezogen. Die Sehleistung auf dem betroffenen linken Auge lag bei 0,05. Neben der erhöhten Blendempfindlichkeit wurde die kosmetische Beeinträchtigung als besonders belastend empfunden, da die Patientin häufig auf die Entstellung angesprochen wurde. Die Hornhaut des Auges zeigte keine deutlichen Unregelmäßigkeiten außer einem regelmäßigen Astigmatismus inversus (s. Abbildung 2).  Die Anpassung erfolgte am ersten Termin mit einer weichen klaren Messlinse, mit der ein zentrischer Sitz, eine ausreichende aber nicht zu starke Beweglichkeit und ein angenehmer Tragekomfort simuliert werden konnte. Daraufhin wurde mit Hilfe von Farbmusterkarten die entsprechende möglichst passende Farbe nach dem Gegenauge ausgewählt (s. Abbildung 3), zudem wurde der Gesamtdurchmesser und der Pupillendurchmesser ermittelt. Mit diesen Daten konnte eine passende Iris-KL gefertigt werden.

Bei der Abgabe überzeugt die Linse durch ein schönes Farbergebnis, einen guten Sitz und einen angenehmen Tragekomfort (s. Abbildung 4). Aber bereits wenige Wochen nach der Abgabe kam es zu Schwierigkeiten. Die Linse wurde plötzlich als zu dunkel empfunden. Bei der Nachkontrolle mussten wir feststellen, dass sich Teile der Farbschicht auf der Rückfläche der Linse durch die Inhaltsstoffe von Pflegemitteln abgelöst hatten. Die Linse erschien dadurch dunkler. Nach Rücksprache mit dem Hersteller wurden die Pflegemittel verändert und die Linse wurde kostenlos neu gefertigt. So konnte sie über einen längeren Zeitraum bis heute beschwerdefrei getragen werden (s. Abbildung 5). Ein planmäßiger jährlicher Austausch muss aber leider häufig vorgezogen werden, da die Farbe auch bei Verwendung des richtigen Pflegemittels nicht immer über 1 Jahr stabil bleibt. Die Linse wird bis heute in erster Linie nur draußen getragen, wenn unsere Patientin auf andere Menschen trifft, so kann auch trotz der Farbschichten der Linse eine ausreichende Sauerstoffversorgung sichergestellt werden.

Für Sie als Praktiker stellt sich nun vielleicht die Frage, ob die Qualität des verwendeten Produkts unter Umständen nicht gut genug ist, wenn es diese Probleme mit der Farbgebung gibt. Aber so einfach ist es leider nicht. Im Zuge der Neuregelung im Medizinproduktebereich auf europäischer Ebene ist die Verwendung vieler Farben für die Produktion von farbigen Kontaktlinsen stark eingeschränkt worden. Viele jahrelang erfolgreich verwendete Farben dürfen so heute nicht mehr verwendet werden. Alle Farben müssen neu zertifiziert werden, was ein aufwendiger und kostenintensiver Prozess für die Hersteller ist. So haben sich die meisten Kontaktlinsenhersteller von der Sparte "Iris-Kontaktlinse" getrennt, die aufgrund der geringen Stückzahlen bereits vorher nicht rentabel war. Für uns als Anpasser stehen somit nur noch wenige Möglichkeiten für Iris-Kontaktlinsen zur Verfügung. Und die neuen Farben, die verwendet werden dürfen, sind bei allen Herstellern sehr empfindlich, was die verwendeten Pflegemittel, aber auch Nachbenetzungsmittel oder Medikamente angeht, die die Patienten verwenden.

Somit ist die Versorgung dieser Patienten für uns zum Einen eine tolle Möglichkeit die Lebensqualität eines Menschen nachhaltig zu verbessern, zum Anderen aber auch frustrierend, wenn die gewünschten Ergebnisse nicht lange genug halten, Krankenkassen für einen Austausch nach weniger als einem Jahr ungern bezahlen möchten oder die Reproduzierbarkeit der Linsen nicht gewährleistet ist, selbst wenn die Anwender akribisch nur die empfohlenen Pflegemittel verwenden.

Deshalb freuen wir uns sehr in den letzten Jahren auch immer mehr andere Lösungen für solche Patienten zu sehen: In den umliegenden Augenkliniken werden immer häufiger auch Iris-Implantate/Irisprothesen verwendet. Dabei handelt es sich um pigmentiertes faltbares Silikon, das meist in die Hinterkammer eingepflanzt und je nach vorliegendem Fall vernäht werden kann. Wir haben hier schon tolle Ergebnisse gesehen (s. Abbildungen 6-8) und sind sehr gespannt, wie sich die Möglichkeiten für unsere Patienten hier in den nächsten Jahren weiterentwickeln werden. Sollten Sie aus Ihrer Praxis dazu noch weitere Informationen auch über die Vor- und Nachteile oder die Risiken bei einer solchen Operation haben, freuen wir uns sehr über einen fachlichen Austausch dazu.  

Lesen Sie in den nächsten MWnews etwas zu einem weiteren Herzensgebiet im Bereich der Kontaktlinse: Die Anpassung von Kontaktlinsen bei Säuglingen und Kleinkindern. Dabei wollen wir zeigen, wie die Anpassung im Kindesalter funktionieren kann und wie ein holpriger Einstieg ins Leben mit viel Geduld und Durchhaltevermögen zu tollen Ergebnissen für diese Kinder führen kann.